Dialog mit meinem Kopf – oder warum er nie still ist
Ich: „Können wir kurz runterfahren?“
Mein Kopf: „Runterfahren? Jetzt? Ich hab da noch zwölf offene Tabs, drei Ideen und außerdem wolltest du die Pflanzen gießen.“
Ich: „Die schaffen das schon.“
Mein Kopf: „So wie letztes Mal?“
So sieht er aus, der Alltag mit ADHS. Ein ständiges Summen im Kopf, Gedanken, die sich überschlagen, Ideen, die mitten in der Nacht anklopfen. Drei Buchstaben, die in Aktenordnern nach Störung klingen, aber in Wirklichkeit nach Überleben.
Innen läuft alles gleichzeitig. Es ist, als würde ein Orchester spielen, bei dem jeder Musiker sein eigenes Stück aufführt. Und ich stehe dazwischen, ohne Taktstock, aber mit vollem Herzen.
Lange Zeit dachte ich, etwas stimmt nicht mit mir. Zu viel, zu laut, zu sprunghaft. Bis ich verstanden habe, dass mein Körper einfach zu viel erlebt hat, um ruhig zu bleiben. Er achtet auf jedes Zeichen, jede Schwingung, weil er gelernt hat, wachsam zu sein.
ADHS zeigt, dass Spannung im Körper ist, die gesehen werden will.
- Diese Spannung entsteht, wenn Gefühle zu lange festgehalten wurden. Wenn das Nervensystem versucht, die Balance zu halten, während innen Druck entsteht. Sie ist kein Gegner, sondern eine Botschaft: etwas in dir braucht Aufmerksamkeit.
Menschen mit ADHS reagieren auf innere Alarmzustände. Der Körper sucht Sicherheit, das Herz sucht Ruhe, der Kopf sucht Auswege. Jeder Gedanke ist ein Versuch, diese Spannung zu regulieren, sie in Bewegung zu bringen.
- Ich erinnere mich an Zeiten, in denen alles zu viel war. Arbeit, Familie, Erwartungen. Und dieser innere Sturm, der kein Ende nahm. Ich funktionierte, um weiterzumachen. Und mein System tat dasselbe.
ADHS ist kein Feind. Es ist ein Hinweis. Es zeigt, dass etwas in dir Aufmerksamkeit braucht. Etwas, das lange im Schatten stand.
Ich: „Also bist du gar nicht gegen mich, Kopf?“
Mein Kopf: „Ich war die ganze Zeit für dich. Ich wollte dich retten.“
Seit ich das verstanden habe, wirkt alles anders. Ich spüre, dass diese Unruhe mich führen will. Sie zeigt mir, wo etwas Heilung sucht, wo Spannung gehen darf.
Was hilft?
Verstehen statt bewerten.
Ruhe statt Druck.
Beobachten statt bekämpfen.
Hier beginnt die Haltung von IYSAK. Wahrnehmen, was lebendig ist, ohne es zu überfordern. Der innere Sturm darf sich zeigen. Und in dem Moment, in dem wir bleiben, beginnt etwas Neues: Balance, Klarheit, Frieden.
Ich: „Und was machen wir jetzt, Kopf?“
Mein Kopf: „Vielleicht bleiben wir einfach mal hier.“
In dieser Ruhe liegt alles, was wir suchen. Ein Moment, der hält.